Welcher Zahn muß in der Kieferorthopädie gezogen werden?
Frage von Frau L.B.,
Sehr geehrter Herr Dr. Weber,
meine fast 17-jährige Tochter befindet sich am Anfang ihrer kieferothopädischer Behandlung.
Im linken Oberkiefer sind die Zähne um 1 nach vorne verschoben.
Sie bekommt nächste Woche einen Carriere Destilizer, damit die Zähne nach hinten verschoben werden (später dann Brackets, um alle Zähne zu begradigen und in eine Linie zu bringen).
Da der Weisheitszahn schon anfängt sich durchzuschieben sollte gestern der hinterste Backenzahn gezogen werden (lt. Kieferothopädin damit der Weisheitszahn problemlos „rausrutschen“ kann und der Platz gebraucht wird).
Die Zahnärztin hat sich geweigert einen gesunden Zahn zu ziehen, es sollte doch lieber der Weisheitszahn entfernt werden, wenn er dann vollständig da ist.
Muss denn überhaupt ein (gesunder) Zahn entfernt werden, kann der Platz nicht im Rahmen der kieferothopädischen Behandlung geschaffen werden?
Vielen Dank für Ihre Meinung.
L. B.
Antwort Dr. Weber:
Liebe Frau B.,
Alle drei beschriebenen Wege sind denkbar. Und es ist die gemeinsame Aufgabe von Patientin, Zahnärztin und Kieferorthopädin sich auf einen Weg zu einigen. Alle Wege bieten Vor- und Nachteile. Einen Teil dieser Punkte wird man nur mit diagnostischen Unterlagen individuell beantworten können.
Allgemein kann man vielleicht folgende Überlegungen heranziehen:
Wenn es möglich ist die ersten beiden Backenzähne nach hinten zu schieben, so kann dies theoretisch auch mit dem Weisheitszahn gehen. Praktisch kann das aber bedeuten, dass je großem Backenzahn jeweils 1-2 Jahre Behandlungszeit erforderlich werden. Bei drei großen Backenzähnen bedeutet dies immerhin schon 3-6 Jahre zuzüglich der Zeit für die Ausformung vorne. Diese kann meist erst erfolgen, wenn die Backenzähne schon hinten sind.
Daher ist Die Ihrer Kieferorthopädin einleuchtend den mittleren Zahn zu entfernen. Damit muß nur ein Zahn nach hinten geschoben werden und der dritte kann nach vorne wandern. Diese Bewegung passiert in der Zahnentwicklung meist von alleine und würde natürlich enorm Zeit ersparen. Für ein komplett gutes Ergebnis ist allerdings erforderlich, dass sich der Weisheitszahn normal entwickelt und auch nach vorne wandert.
Sollte man dort Zweifel hegen ergibt sich die dritte Lösung Ihrer Zahnärztin: den Weiheitszahn opfern und zwei Backenzähne nach hinten schieben.
Die individuellen Verhältnisse Ihrer Tochter, insbesondere die Frage nach Platz und Entwicklungschance der Weisheitszähne, ergeben sich aus Modellen und Röntgenbildern. Da mir diese nicht vorliegen kann ich hier die Frage nicht beantworten.
Viele liebe Grüße
Ihr
Dr. Joachim Weber