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Welches Gerät sollte bei einer Progenie eingesetzt werden?

Frage von Frau J.P.:

Meine Tochter(jetzt 13.J.) hat eine Progenie.

Behandelt wurde sie schon vor Schulbeginn mit Fränkel und Kopf-Kinn-Kappe.

Zwischen 8.-12.Jahr wurde nur jährlich kontrolliert, da man laut KFO nichts machen könne. Seit Januar hat sie Brackets an den oberen Zähnen sowie eine lose Klammer im UK, die sie aber nur noch nachts tragen und auch nicht mehr nachstellen soll. D.h. die Progenie wird nicht mehr behandelt.

Ich habe mir gestern eine zweite Meinung eingeholt.

Der neue KFO möchte eine Gaumennahterweiterung durchführen, Brackets auch im UK, Gummis, dazu noch eine Delaire-Maske einsetzen. Meine Frage, da die Gaumenerweiterung ja nicht ganz ohne Risiken ist: gibt es auch eine sanftere Methode(die Behandlung wird eh sehr langwieirig sein), die den Unterkiefer zurückhält?

Z.Z. stehen die Zähne direkt aufeinander, wenn es so bliebe, wären wir ja schon zufrieden. Bei mir ist die Progenie mit losen Spangen und Kopf-Kinn-Kappe als Kleinkind behandelt worden. Meine Zähne stehen ebenfalls aufeinander, und damit kann man, finde ich, leben.

Über eine schnelle Antwort würde ich mich sehr freuen, um nicht länger wertvolle Zeit zu verlieren.

Antwort Dr. Weber:

Der Einsatz der Geräte hängt gerade im pubertären Wachstumsschub sehr stark vom Ausmaß der Progenie ab. Die Kopfbißstellung der Frontzähne ist hier leider kein sicherer Anhaltspunkt. Erst Messungen der Knochenzuordnung, zum Beispiel am Röntgenbild, ergeben den wahren Umfang der zu behandelnden Anomalie. Bei kleineren Werten kann über Zahnkippung versucht werden die Progenie zu kaschieren. Je größer jedoch der Fehlbiss wird, desto schwieriger wird dieses Verfahren.

Die besondere Kunst liegt darin, das Restwachstum Ihrer Tochter in Verbindung mit der wahrscheinlichen Weiterentwicklung des Fehlbisses abzuschätzen. Fehleinschätzungen enden sehr häufig in jahrelangen Behandlungen. Besprechen Sie daher am Besten das zu erwartende Szenario mit Ihrem Kieferorthopäden.

Zu Bedenken ist auch, dass viele Progeniegeräte (Fränkel, Delairemaske, Gummizüge usw.) über Druck auf den Unterkiefer arbeiten. Damit werden die Kiefergelenke einer hohen Belastung ausgesetzt. Eine Überwachung einer guten Gelenkentwicklung ist daher sehr zu empfehlen.

Eine Gaumennahterweiterung dient nicht dem Innehalten eines überschießenden Unterkieferwachstums bei einer echten Progenie (zu großer Unterkiefer). Sie dient dem Verbreitern des Oberkiefers, wenn dieser zu schmal ist. Ist der Oberkiefer zusätzlich zu kurz, so spricht man von einer Pseudoprogenie. In der Kombination aller Anomalien (Unterkiefer zu groß, Oberkiefer zu schmal und zu kurz) wird die Gaumennahterweiterung gerne mit einer Delairemaske kombiniert. Die einfachere Gerätegruppe kennen Sie schon mit den Apparaturen nach Professor Fränkel. Allerdings wie schon oben erklärt: das geeignete Gerät sollte sich nach dem Ausmaß ergeben, nicht nach dem Tragekomfort.

Viele liebe Grüße
Ihr
Dr. Joachim Weber